Jonny Hilberath ist gestorben

Heute morgen, 5. März 2025, ist Co-Bundestrainer Jonny Hilberath im Alter von 69 Jahren verstorben.

„ Ich habe gelernt, auf den Pferden in mir zu ruhen. Ich lasse mich im Sattel nicht von Emotionen leiten, sondern ich versuche nachzudenken, zu analysieren und die Pferde so gut wie möglich zu verstehen.“ Das war einer seiner wunderbaren Sätze.

Ein halbes Jahr vor den Olympischen Spielen in London 2012 hatte Jonny Hilberath nach dem plötzlichen Tod von Bundestrainer Holger Schmezer das Amt des Bundestrainers übernommen. Nach London wollte er nicht weitermachen, weil er sich wieder vermehrt seinem eigenen Betrieb in Scheeßel widmen wollte. Monica Theodorescu wurde Bundestrainerin und seither von Jonny Hilberath unterstützt.

„Im Grunde ist Reiten ein Kopfsport. Talent ist wichtig, aber ich denke, fast noch wichtiger sind die Ernsthaftigkeit und Begeisterungsfähigkeit, mit der man diesen Sport betreibt. Ich glaube, man muss sich dem Reiten verschreiben.“ Jonny Hilberath hatte sich verschrieben und hat es nie bereut. „Die Pferde haben mir ein besonderes Leben ermöglicht.“ Dabei wurde er seinerzeit in die Bereiterlehre fast hineingeschubst.…

Hilberaths Familie lebte auf dem Land und für ihn, den kleinen Jonny, gehörten die Arbeitspferde auf dem Feld zum Alltag. Bis er eines Tages einem Mädchen auf seinem Pferd bis zur Reithalle gefolgt ist und gesehen hat, wie dieses Mädchen ihr Pferd reitet. Wie anders als die Arbeitspferde sich dieses Pferd bewegte. Das machte ihn neugierig. Vom Putzen und Misten helfen übers Trocken-reiten kam er zum Reiten. Am Ende seiner Teeniezeit ritt er einmal pro Woche im Unterricht des damaligen Bereiters von Rosemarie Springer mit. „Und eines Tages fragte der mich plötzlich, ob ich bei Frau Springer ein paar Pferde mit reiten könne, weil er für einige Zeit in Urlaub fährt.“ Aus diesem Urlaub kam der Bereiter nie zurück, er hatte dort eine Frau kennen gelernt. Aber Jonny Hilberath blieb bei Rosemarie Springer und machte seine Bereiterlehre. „In jungen Jahren gibt es ja immer mal Phasen, in denen man sich nicht so sicher ist, ob das richtig ist, was man da tut. Ich hätte mir zum Beispiel auch vorstellen können, etwas mit Architektur zu machen“, erklärte Hilberath. „Aber im Nachhinein kann ich sagen: Ich bin mir sehr sicher, dass die Entscheidung für die Pferde richtig war. Dieser Sport hat mir ein tolles Leben gegeben.“

Die Pferde haben Jonny Hilberath geprägt. „Sie haben mich Disziplin und Demut gelehrt. Sie haben mir viel Freude gegeben. Und ich bin sicher, Pferde wecken viele Eigenschaften, die man als die guten Dinge im Menschen bezeichnet.“

Ein Mann, der für Olympia Reitsportgrößen aus verschiedensten Teilen der Welt trainierte. Ein Mann, der einen Top-Ausbildungsstall mit 36 Boxen im niedersächsischen Abbendorf führte. Ein Mann, der Grand Prix-Siege und -Platzierungen sammelte und 2007 die Bronzemedaille bei den Deutschen Meisterschaften gewonnen hatte. Und dennoch war er wirklich verwundert: „Als ich gefragt worden bin, ob ich den Job als Disziplintrainer Dressur übernehmen wolle – das war für mich schon eine große Ehre und Freude. Aber ich war auch überrascht. Bis dahin hatte ich das nie so empfunden, dass ich so wahrgenommen werde.“

Wenn er mit einer Frau ins Restaurant ging, hielt er die Tür auf. „Höflichkeit und gutes Benehmen machen das Leben angenehmer, finde ich.“ Auf seiner Anlage war immer alles pikobello. „Böse Zungen behaupten, ich sei pedantisch – das stimmt wohl. Es gibt gewisse Dinge, die ich so oder so haben will und da bin ich auch nicht sehr flexibel.“ So sehr Jonny Hilberath sich auch den Pferden verschrieben hatte, dennoch war er vielseitig und vielseitig interessiert. Gerne unternahm er mal eine Städtetour: “Ich glaube, am meisten beeindruckt hat mich Rom. Die Stadt an sich, das Leben dort, die Menschen, dieser Drive und die Hektik – das finde ich faszinierend.“

Im Sattel ein Kopfmensch, als Ausbilder international gefragt, im Leben höflich, reiselustig und (nach eigener Aussage) ein bisschen pedantisch – das war Jonny Hilberath – und vor allen Dingen ein wunderbarer Mensch!