„Dein Pferd kann eine Fliege spüren“
1997 wurde er zum ersten Mal verliehen, der Stilpreis ‚Sitz und Einwirkung‘. Nur eine Reiterin hat ihn bisher gleich dreimal im Finale gewonnen: Ingrid Klimke. Vom 29. Mai bis 1. Juni steht in München die dritte Burg-Pokal-Etappe der Saison an.
Foto oben: Ingrid Klimke (©EQWO/Petra Kerschbaum)

Ingrid Klimke und Diafys OLD bei der ersten Burg-Pokal-Etappe 2025 in Hagen a.T.W.
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Auf Anregung der ‚Väter‘ des Nürnberger Burg-Pokals, Hans-Peter Schmidt und Dr. Reiner Klimke, wurde dieser Sonderehrenpreis initiiert. Das Ziel: Feines Reiten, das auf Vertrauen basiert und partnerschaftliches Miteinander in den Vordergrund stellt.
Bis heute gehört der Stilpreis als fester Bestandteil zum Burg-Pokal-Finale. Seit 2023 wird der Stilpreis nicht nur im Finale ausgelobt, sondern bei jeder der acht Finalqualifikationen.
Im Gespräch mit Ingrid Klimke – über unterschiedlichste Gespenster, den Grundlagentag, Fliegen und ein Bierchen im Himmel…
dressursport.kim: Ingrid, Du hast den Stilpreis bisher als einzige Reiterin schon dreimal im Finale gewonnen – das ist besonders. Welcher Gedanke geht Dir dabei zuerst durch den Kopf?
Ingrid Klimke: Ehrlich gesagt, macht mich das schon richtig stolz. Mein Vater hat früher sehr häufig gesagt: ‚Immer auf Stil achten!‘ Das habe ich von Kindesbeinen an gehört. Wenn ich in die Prüfung ritt und er am Eingang stand, sagte er: ‚Denk an Deine Hände und immer auf Stil achten.‘ Ich denke, er wird oben im Himmel auch stolz sein Bierchen auf mich trinken (lacht).
dressursport.kim: Stil bedeutet längst zu nicht nur schön draufsitzen, was steckt für Dich dahinter?
Ingrid Klimke: Das bedeutet, mit wirklich feinen Hilfen kommunizieren und darauf achten, dass man durch viele kleine halbe Paraden immer mindestens ein Ohr vom Pferd bei sich hat. Paul Stecken hat es häufig so ausgedrückt: ‚Die halbe Parade muss interessanter sein als die Umgebung.‘ Gerade auf den Turnieren sehen unterschiedlichste Pferde unterschiedlichste Gespenster, das muss ich als Reiter immer schon fünf bis sechs Sekunden im Voraus erahnen und sofort reagieren. Es geht um ständige feine Kommunikation, um das Beim-Pferd-Sein und das frühzeitige Erahnen, damit man agieren kann, bevor ein Hopser passiert. Das meiste passiert in Zehntelsekunden, deshalb muss man immer voll konzentriert sein – und bei den jungen Pferden im Nürnberger Burg-Pokal gilt das doppelt.
dressursport.kim: Gefühlvoll und stilvoll zu reiten, muss permanent geübt und trainiert werden. Hast Du ein, zwei Ideen für uns?
Ingrid Klimke: Ich reite zu Hause oft ohne Bügel und mit Zügelbrücke. Ich achte dann sehr darauf: Wirklich schön gestreckt sitzen, mit der flachen Wade immer am Pferd, aber atmend, nicht dauernd treibend. Mit dem Oberkörper bzw. der Hüfte ganz locker mitschwingen, aber auch mit der nötigen Körperspannung und dazu die ruhige aufrecht getragene Faust. Und wenn ich eine halbe Parade gebe, dann wirklich nur mit leichtem Eindrehen des Handgelenks. Das sieht vielleicht niemand, aber die Pferde fühlen das sofort im Maul. Ich mache zu Hause oft einen sogenannten Grundlagentag, mindestens einmal pro Woche, an dem ich dann keine Lektionen reite, sondern nur Übergänge. Und dann achte ich auf jedes Detail. Das Ziel ist klar: Ich möchte immer mit meinem Pferd eins sein, im Einklang und im Gleichgewicht sein. Man möchte nie, das Pferd verlieren und nur noch Beifahrer sein
dressursport.kim: Das bedeutet: Voraussetzung, wenn man den Stilpreis gewinnen möchte, ist…
Ingrid Klimke: …dass man sehr viel auf Durchlässigkeit achtet und auf die feine Kommunikation mit dem Pferd. Sonst wird das mit dem stilvoll Sitzen nix (lacht). Es reicht nicht, sich auf dem Turnier schön draufzusetzen und zu lächeln, man muss zu Hause so trainiert haben, dass man auch auf dem Turnier mit feinen Hilfen und in gegenseitigem Vertrauen mit seinem Pferd kommunizieren kann. Ein Pferd kann auf feinste Hilfen reagieren. Ich habe immer unseren langjährigen Trainer in der Vielseitigkeit, Chris Bartle, im Hinterkopf, der sagte: „Dein Pferd kann eine Fliege spüren.“
Die bisherigen Stilpreis-Gewinner im Nürnberger Burg-Pokal-Finale
2024 Juliane Brunkhorst
2023 Emma Kanerva
2022 Andrina Suter
2021 Charlott-Maria Schürmann
2020 Isabel Freese
2019 Kira Wulferding
2018 Kira Wulferding
2017 Matthias Bouten
2016 Ingrid Klimke
2015 Matthias Bouten
2014 Charlott-Maria Schürmann
2013 Kathleen Keller
2012 Juliane Brunkhorst
2011 Helen Langehanenberg
2010 Kathrin Meyer zu Strohen
2009 Jessica von Bredow-Werndl und Dorothee Schneider
2008 Ingrid Klimke
2007 Victoria Max-Theurer
2006 Helen Langehanenberg
2005 Brigitte Wittig
2004 Ingrid Klimke
2003 Jessica von Bredow-Werndl
2002 Lisa Wilcox
2001 Anja Plönzke und Lisa Wilcox
2000 Falk Rosenbauer
1999 Nicole Uphoff
1998 Nicole Uphoff
1997 Brigitte Wittig