“Wenn man zu ‚verkopft‘ ist, wird es nicht unbedingt besser.“

Helen und Familienpferd Carlos, unsere U25-EM-Kandidaten im Blick – Teil III

Wir stellen unsere U25-EM-Kandidaten vor – heute mit: Helen Erbe – sie ist zum dritten Mal bei der U25-Europameisterschaft dabei.

Helen und Familien-Carlos – Top-Team!

Helen Erbe
geb.: 13. November 2000
Wohnort: Krefeld
Pferd: Carlos FRH, 17j. v. Carabas x Weltmeyer, Z.: Franz Reinartz, Bes.: Familie Erbe
Trainer: Christian Wendel, Linda Erbe, Sebastian Heinze

„Ich gehe das Ganze genauso an wie in den vergangenen Jahren“, ist Helen Erbe vorfreudig entspannt. „Ich freue mich, mit meiner Familie, meinen Freunde und meinem Pferd loszufahren und uns eine schöne Zeit zu machen.“ Und Carlos liebe es, wenn er ungeteilte Aufmerksamkeit bekomme. Acht Jahre hat Helens ältere Schwester Hannah im Sattel von Carabas-Sohn Carlos FRH gesessen. Sie hat mit ihm Triple-EM-Gold bei den Junioren und den Jungen Reitern gewonnen, auch bei EM-Teamsilber mit den U25-Reitern war das Paar dabei. Ende 2021 hat Helen das Familienpferd übernommen und ist ebenfalls mit ihm durchgestartet.
Die 23-jährige Helen ist als selbstständige Immobilienmarklerin erfolgreich und hat einen sehr trockenen Humor: „Anders als die Jahre zuvor ist natürlich die Location und ich hoffe, dass es in Österreich gutes Essen gibt. Sonst ist eine EM ja ähnlich und die Aufgaben sind dieselben“, schmunzelt sie. Vielleicht habe sie auch einen etwas anderen Blick auf die EM, weil sie das Reiten nicht beruflich betreibe. „Reiten ist mein Sport, aber wenn ich mal ein blödes Ergebnis habe, dann hat es für mich keine großen Auswirkungen – ausgenommen ist natürlich die Mannschaftsaufgabe. Ich nehme mir auch immer vor, möglichst unbeschwert ins Viereck zu reiten. Ehrgeizig genug bin ich sowieso. Aber reiten hat ja auch viel mit Gefühl zu tun, wenn man zu ‚verkopft‘ ist, wird es nicht unbedingt besser.“
2022 waren Carlos und Helen das erste Mal bei der U25-EM dabei, erneut 2023, jetzt dieses Jahr wieder. Was hat sich in den Jahren verändert? „Irgendwann denkt man, man kennt sein Pferd, aber trotzdem finden wir immer noch besser zusammen und können an kleinen Stellschrauben drehen.“ Ein Beispiel? „Wir haben noch mal bei den Passagen mehr Abdruck reinbekommen und wollen das in die EM-Prüfungen mitnehmen. Ich freue mich, das auszuprobieren.“
Vollzeit-Immobilienmarklerin, ebenso wie ihre Zwillings-Schwester Linda, mit der sie sportlich und beruflich eng zusammenarbeitet, und Reiten auf Championats-Niveau – wie passt das zusammen? „Ich bin sehr dankbar, dass das so geht, aber wir machen auch einen ganz schönen Spagat. Trotzdem ist die Reiterei ein super Ausgleich und man verbringt immer auch ein paar Stunden am Tag an der frischen Luft.“ ‚Selbst und ständig‘ – das Laptop muss also mit zur EM nach Österreich. „Wenn dringende Sachen anstehen, muss ich die auch während der EM-Woche erledigen und natürlich ist mein Kopf auch immer ein bisschen im Büro. Es gibt ja niemanden, der uns eins zu eins im Büro vertritt.“

Begegnen sich auf Augenhöhe – Helen und Carlos

Carlos – seine Persönlichkeit
„Carlos ist total charakterstark und ein absoluter Kämpfer. Es ist wirklich verrückt: Wenn er mich am Hänger sieht und ich ihm dann in der Box die Transportgamaschen anziehe – dann trabt er das ganze Stück bis zum Hänger, weil er einfach los will und natürlich genau weiß, dass es dann auch losgeht.“ Man könne mit Carlos nicht wie mit einem ‚normalen‘ Tier umgehen. „Er lässt sich nicht alles sagen, aber er kämpft so für einen. Man muss mit ihm wirklich auf Augenhöhe umgehen – ich finde das echt cool!“

Carlos – was er am liebsten mag
„Irgendwas Leckeres zu fressen! Ich habe das Gefühl, es wird von Jahr zu Jahr schlimmer“, lacht Helen. „Vielleicht liegt es auch an meiner schlechten Erziehung, aber überall, wo er Futter sieht, zieht er mich einfach hin. Egal, was.“

Helens dritte U25-EM
„Man könnte ja auch sagen: Komm, reit nicht mehr, Du kannst nicht mehr erreichen als im vergangenen Jahr. Aber ich habe gar nicht das Gefühl, dass ich irgendjemanden etwas beweisen muss.“ Sie reite mit, weil es ihr Spaß mache!
„Was ich von den anderen beiden EMs mitgenommen habe ist, dass man sich auf jeden Fall eine schöne Zeit machen sollte. Im ersten Jahr bin ich mit einer Goldmedaille nach Hause gefahren, 2023 mit drei Medaillen (zweimal Gold und einmal Bronze). Im Rückblick gibt es aber dadurch keinen Unterschied, wie ich über die beiden Euros denke.“ Es seien beides total schöne Turniere gewesen. „Wichtig ist, dass man sich vor Ort nicht verrückt macht und irgendwas Großes vornimmt. Man muss die Zeit genießen, am Ende nimmt man die Erinnerung an die Gesamtzeit mit und nicht an die Medaillen.“ Natürlich sei man vor der Mannschaftsaufgabe ein wenig aufgeregter, weil man dann nicht nur für sich reite. Aber danach: „Reite ich rein und denke: Ich reite für mich und Carlos und wir tun unser Bestes!“