„Reiß Dich zusammen!“
Das waren die drei magischen Worte aus dem Munde von Isabell Werth, die Frederic Wandres im Special ‚beflügelt‘ haben.
„Für mich war die Herausforderung heute definitiv hauptsächlich eine mentale“, gab Frederic Wandres unumwunden zu. „Es ist unheimlich viel Druck im Spiel – beginnend schon mit den Deutschen Meisterschaften in Balve und dann jetzt natürlich hier in Aachen.“ Das Turnier in Aachen hat für ihn nicht super begonnen: Fehler mit Duke im Grand Prix, Fehler mit Bluetooth im Grand Prix. „Das hat etwas an meinen Selbstvertrauen geknabbert.“ Und natürlich habe er gewusst, dass es im Special drauf ankommt. „Gestern Abend habe ich Isabell (Werth) getroffen und sie hat den entscheidenden Satz zu mir gesagt. Das hat geholfen!“, betonte Wandres und bedankte sich grinsend bei seiner Teamkollegin. Dieser Satz waren drei Worte: „Reiß Dich zusammen!“
Mit Bluetooth lieferte Wandres im Special eine fehlerfreie Runde, in den Pirouetten noch nicht ganz optimal, aber der Rest von bestechend gleichmäßig hohem Niveau zwischen 7,5 und 8. Das Endergebnis: 76,851 Prozent, Platz drei hinter Werth und der Niederländerin Dinja von Liere, die mit ihrem fantastischen neunjährigen Vita di Lusso verblüffte.
Wie sich Wandres nach dem Special fühlt? „Ich kann wieder durchatmen und lächeln.“ Noch wurde keine definitive Entscheidung erklärt, aber seine Chancen, in Paris zum Team zu gehören, stehen nicht schlecht. „Wenn dieser Traum wahr werden würde, wäre es für mich ein Lebensziel.“
Ohne Blick in die Kugel…
Ebenfalls einen Platz im olympischen Team dürften sich Isabell Werth und Wendy de Fontaine in Aachen gesichert haben. „Ohne in die Kugel gucken zu müssen“, erklärte die siebenmalige Olympiasiegerin, „ich glaube, wir brauchen Wendy für die Mannschaft.“
Sie sei Tag für Tag mehr mit ihr zusammengewachsen. „Am Anfang haben wir ihr Äpfel hingehalten, aber sie mag keine Äpfel. Inzwischen wissen wir: sie liebt Bananen. Aber das muss man alles erst von einem Pferd lernen.“ Sie wisse jetzt, wie sich Wendy am wohlsten fühle und auch beim Reiten seien die beiden inzwischen ‚zu Hause angekommen‘. „Heute im Special hatten wir einen kleinen Fehler in den Einerwechseln zwischen den Pirouetten, aber die Pirouetten, Piaffen, Passage und die Übergänge – das ist alles so viel besser geworden. Es ist ein großes Vergnügen, dieses Pferd zu reiten.“ Für die zehnjährige Sezuan-Tochter und Wendy war Aachen der vierte internationale Special, 78,085 Prozent sprechen für eine großartige Runde, die in der Perspektive noch mehr verspricht.
Übrigens auch in der Zucht ist Wendy schon als erfolgreiche Mutter zu verbuchen. “Wir haben dieses und letztes Jahr ein Fohlen von ihr bekommen und sie hat schon zwei gekörte Söhne”, erzählt Bolette Wandt von dem französischen Gestüt Chateau de Fontaine, der Wendy in Gemeinschaft mit Madeleine Winter-Schulze gehört.
So laut man den Stein von Wandres’ Herzen am Ende des Specials hat purzeln hören, so sehr hat man die Enttäuschung bei Ingrid Klimke gespürt. Franziskus ist richtig gut in Schuss, aber heute leistete er sich drei Momente, die Punkte gekostet haben: eine Unsicherheit in der ersten Piaffe und je ein kleiner Fehler in beiden Einerwechseln. Somit landete das Paar heute auf Platz vier mit 74,596 Prozent. Noch ist – wie gesagt – keine Entscheidung verkündet worden, aber der Special hat Klimkes Chancen auf einen Teamplatz in Paris nicht erhöht.
Ähnlich von der Rolle wie im Grand Prix zeigte sich Denoix unter Katharina Hemmer. Erst wollte er kaum das Stadion betreten, warf dann aber sein Herz über Bord und begann mit einer guten Trabtour, im Schritt kam erneut vermehrt Spannung auf und in der Piaffe starrte er entgeistert auf die Tribüne. Danach fand er nicht zur Gelassenheit zurück. Es ist und bleibt ein fantastisches Paar, aber Denoix muss im Viereck zu mehr Selbstvertrauen und Ruhe finden.
HIER geht es zu den genauen Ergebnissen aus dem Fünf-Sterne-Special des CHIO Aachen