Die Rekord-Doro!

„Mit Spaß in die Serienfinals“, „Es geht nicht um 20 Leckerlis“ und „Der Kaiser ist immer noch Kult“ – ein wunderbares Gespräch im Vorfeld der Frankfurter Festhalle mit Dorothee Schneider: ihre Philosophie, ihr ‚Seriengeheimnis‘ und besondere Momente…

Alle Fotos: © www.sportfotos-lafrentz.de

Sie ist Frankfurts Rekord-Finalistin: Dorothee Schneider. Niemand hat so viele Pferde für die wichtigsten Nachwuchspferde-Finals, den Nürnberger Burg-Pokal und den Louisdor-Preis qualifiziert wie sie.

In diesem Jahr wird die Reitmeisterin ihren 23. Finalqualifizierten im Nürnberger Burg-Pokal-Finale in Frankfurt präsentieren. Aber auch im Nachwuchspferde-Grand Prix, dem Louisdor-Preis, ist sie mit elf Finalisten die Rekordhalterin, auch wenn sie dieses Jahr dort nicht zu den Finalisten gehört.

Die Burg-Pokal-Sieger 2024: Maxi Kraft’s Barcelo OLD und Dorothee Schneider
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Schneiders Burg-Pokal-Finalisten zwischen 2004 und 2025: Ferryman, Kaiserkult TSF, Laura Lux, Diva Royal, Forward Looking, Ullrich Equine’s St. Emilion, Fackeltanz, Derano, Showtime, Kiss Me, Santiago (Sieg), Chocolat, Lionella vom Rosencarree, First Romance (Sieg), Lord Fittipaldi M, Sisters Act MT OLD, Villeneuve, Salvina, Dante’s Hit, Quaterline, Escalito, Maxi Kraft’s Barcelo OLD (Sieg) und Voller Emotionen NRW.

Schneiders Louisdor-Finalisten zwischen 2007 und 2021: Kaiserkult TSF, Forward Looking, Van the Man, Diva Royal (Sieg), Fackeltanz, Sammy Davis jr. (Sieg), Faustus, Mister C, Gut Wettlkam’s Quantum Vis, First Romance und Sisters Act MT OLD.

Das dressursport.kim-Interview mit Dorothee Schneider:

dressursport.kim: Rekord-Finalisten in den beiden wichtigsten Dressur-Nachwuchsserien – wow, was macht das mit Dir?

Dorothee Schneider: Tatsächlich wusste ich das gar nicht. Im Burg-Pokal war mir das bewusst, aber im Louisdor-Preis noch nicht. Das macht mich natürlich sehr stolz und dankbar. Das kann nur gehen, wenn man die entsprechenden Pferde zur Ausbildung bekommt. Für dieses Vertrauen bin ich sehr dankbar, sehr stolz auf die Pferde und schon ein bisschen auch stolz darauf, dass ich die Pferde so ausbilde, wie ich das tue: Dass sie mit Spaß in diesen Serienfinals ankommen.

dressursport.kim: Mit Spaß ankommen – wie genau machst Du das?

Dorothee Schneider: Im Grunde passt meine Philosophie gut zu dem Motto der Nürnberger Versicherung ‚Partner sein‘. Dieses Motto versuche ich, jeden Tag neu zu leben und ein freundschaftliches, partnerschaftliches Verhältnis zu meinen Pferden erst aufzubauen und dann auf dem gemeinsamen Weg immer weiter zu vertiefen. Die Pferde sollen sich freuen, mich zu sehen und sich mit mir in Bewegung zu setzen. Diese Harmonie, die aus dem tollen Miteinander entsteht, versuche ich mit ins Viereck zu zaubern. Die Basis dafür liegt im gymnastischen Arbeiten zu Hause, so dass sich das Pferd gut ausbalancieren kann und genug Kraft hat, sich in den verlangten Lektionen wohlzufühlen. Im besten Fall wird das dann auch für die Richter und Zuschauer sichtbar.

dressursport.kim: Diese Partnerschaft versuchen die meisten Reiter, aus einer Kombination von Beschäftigung mit dem Pferd am Boden und im Sattel zu erreichen. Auch Dir ist das wichtig. Aber kann ein Pferd überhaupt verknüpfen, dass der Mensch vom Boden derselbe wie später im Sattel ist?

Dorothee Schneider: Da bin ich sicher. Es geht ja nicht nur darum, das Pferd am Boden hier und da mit Karotten zu bestechen. Es geht vielmehr auch über das Loben, häufig mit der Stimme, die das Pferd natürlich erkennt. Wichtig ist, dass man gemeinsam Freude und auch Erfolgserlebnisse erlebt. Es geht nicht um 20 Leckerlis am Tag, es geht darum, wie und was man zusammen erlebt und lernt. Bei Erlebnissen, die das Pferd mit dem Reiter beim Sporttreiben, beim Reiten, erfährt, ist auch die Rückmeldung durch den Reiter unheimlich wichtig. Mit dem Lob durch die Stimme oder durch Anstreicheln möchte ich beim Reiten das Pferd stolz machen. Stolz auf das, was es gerade gelernt hat. So bekommen die Pferde eine ganz besondere Ausstrahlung im Viereck. Es geht dabei nicht um das ‚spektakulärste Traben‘ beispielsweise. Es geht darum, sich in einer lockeren Art und Weise miteinander zu bewegen, so dass die Bewegungen nicht nach Anstrengung aussehen – auch wenn es natürlich phasenweise anstrengend ist.

First Romance – auch ein Burg-Pokal-Sieger von Dorothee Schneider
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dressursport.kim: Lass uns einen Gedanken noch mal herauspicken: das Pferd stolz machen

Dorothee Schneider: Wenn Pferde etwas lernen, spürt man als Reiter sofort, wenn die Pferde es verstanden haben. Dann gehen die Ohren nach vorne und nach dem Motto ‚Ich weiß was Herr Lehrer‘ machen sie dann beispielsweise auch mal die Wechsel von selbst. Das ist, als ob sie sagen ‚Juhu, ich weiß was!‘. Vielleicht kommen im Grand Prix statt der 15 Einerwechsel so auch mal 17 heraus oder die Piaffe kommt mal an einer Stelle, an die sie eigentlich nicht gehört. Die Pferde haben was gelernt, sie haben Spaß daran und das wollen sie zeigen und – wenn man Glück hat 😉(lacht) – passiert das dann auch noch an der richtigen Stelle in der Aufgabe. Es ist dieser Weg, den man Hand in Hand geht, bei dem die Pferde selbstsicherer und stolz werden, um sich dann präsentieren zu wollen – das ist das, was am Ende eine besondere und harmonische Vorstellung ausmacht.

dressursport.kim: Das Lob spielt eine wichtige Rolle auf diesem Weg. Was hältst Du von der Entscheidung, dass die Briten ab 2026 die Stimme als Hilfsmittel im Dressursport erlauben?

Dorothee Schneider: Das finde ich super. Ich würde jetzt nicht die ganze Zeit mit dem Pferd sprechen und das Loben geschieht natürlich auch durch Berührung am Hals, aber auch mal mit einem ‚Brav‘ oder ‚gut gemacht‘ ein Feedback geben zu können, finde ich gut und passend. Ich würde nicht permanent schnalzen, um meine treibenden Hilfen zu unterstützen. Das finde ich nicht so gelungen. Aber die positive Rückmeldung auch mal mit Stimme finde ich auf jeden Fall gut.

dressursport.kim: Gemeinsam Sporttreiben, Erleben, Lernen ist wichtig, was spielt noch eine immense Rolle auf dem Weg in die Serien-Finals?

Dorothee Schneider: Das ganze Konzept rund ums Pferd spielt eine riesige Rolle, alles, was der Gesunderhaltung und der mentalen Ausgeglichenheit dient. Es ist Aufgabe des Ausbilders, Reiters zu wissen, welches Management für welches Pferd am besten ist, damit es sich wirklich wohlfühlt: Longe, Ausreiten, Stangenarbeit, Spazierenführen, Paddock, Wiese, Wellness. Es kann bei jedem, Mensch wie Pferd, vorkommen, dass man auch mal eine negative Spannung im Kopf hat, dieses individuelle Programm muss es dem Pferd ermöglichen, solche Spannungen abzubauen. Es ist die Kombination aus dem richtigen gymnastischen Programm beim Reiten und dem Programm drumherum, die den Erfolg ausmacht. Ein Pferd muss glücklich und mit sich selbst zufrieden sein. Das ist bei uns genauso: Wenn wir die ganze Zeit frustriert durch die Gegend laufen, haben wir mit Sicherheit keine positive Ausstrahlung. Das ist beim Pferd genauso. Das Miteinander von Pferd, Reiter und natürlich Pfleger – das leben wir bei uns im Stall sehr intensiv, mit Knuddelmomenten und der Abendrunde mit Äpfelchen, alles gehört dazu.

dressursport.kim: Ein Blick nach Frankfurt: Du gehst mit Voller Emotionen NRW im Nürnberger Burg-Pokal-Finale an den Start. Wie läuft die Vorbereitung?

Dorothee Schneider: Er ist wirklich gut drauf und hat richtig Spaß, sich zu bewegen. Er steht erst seit Anfang September bei mir, weil ich die Schwangerschaftsvertretung für Stella (Stella-Charlott Roth, Besitzerin) übernommen habe, aber wir haben sehr gut zusammengefunden. Und die Burg-Pokal-Aufgabe liegt ihm: er springt sehr gerade und schöne Wechseltouren und das ‚Seitwärts‘, die Traversalen sind auch ein Highlight, das fällt ihm überhaupt nicht schwer. Zudem ist er in allen Gangarten unheimlich taktsicher und will ‚vom Boden‘ weg. Er ist ein motiviertes und selbstsicheres Pferd, deshalb glaube ich, dass er in Frankfurt einen sehr guten Job machen wird, aber wir wissen alle nicht genau, wie die Pferde mit der Atmosphäre der Halle zurechtkommen (lacht).

dressursport.kim: Eine Frage, die nicht fehlen darf: Du hast schon so viele tolle Momente in Frankfurt gefeiert, drei Siege im Burg-Pokal, zweimal den Sieg für das beste Rückwärtsrichten und drei Siege im Siegerpreis. Hinzu kommt der Sieg beim Louisdor-Finale mit Sammy Davis jr. 2016 und sieben Top-3-Erfolge in Frankfurts Großer Tour. Was war der allerschönste Moment?

Kaiserkult – der jetzt mit 27 Jahren seine Rente bei Doro Schneider genießt!
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Dorothee Schneider: Das ist wirklich eine schwierige Frage, es waren einige super Erfolge und Erlebnisse, aber einen ganz besonderen Stellenwert hat der Siegerpreis mit Kaiserkult 2006. Damals ist Kaiserkult so über sich hinausgewachsen und hat sich sozusagen selbst gefeiert – da ging mir wirklich das Herz auf. Wir hatten ihn selbst aufgezogen, ich habe ihn von Anfang an ausgebildet und sein Vater Van Deyk war mein allererstes Erfolgspferd. Wenn ich mal nicht so gut drauf war, habe ich mir viele Male das Video vom Siegerpreis mit Kaiserkult wieder angesehen und mich gefreut. Damals waren auch etwa 30 Fans aus Framersheim mit nach Frankfurt gereist, alle hatten sich weiß angezogen und ein Banner hochgehoben, auf das sie geschrieben hatten „Kaiser ist Kult“! Das war sehr besonders. Aber ganz ehrlich: Auch die Siege mit First Romance (2018) und im letzten Jahr mit Barcelo haben mich emotional sehr berührt.

dressursport.kim: Und Kaiser ist bei Dir in Framersheim immer noch Kult…

Dorothee Schneider: Ja genau, er ist inzwischen 27 und freut sich seines Lebens. Er geht aufs Paddock und auf die Wiese, kriegt jeden Tag sein Wellness-Programm und – wie bei seinem Papa – je oller er wird, je doller (lacht). Der kommt aus dem Stall und macht direkt lautstark den Max, er ist ja immer noch Hengst. Der Kaiser ist also immer noch Kult und macht uns jeden Tag ganz viel Freude!

 

Dorothee Schneider und ihre Final-Kollegen im Nürnberger Burg-Pokal gehen am Donnerstag, 18. Dezember, ab 8.00 Uhr in der Einlaufprüfung an den Start, das Finale wird am Samstag, 20. Dezember, ab 9.30 Uhr ausgetragen.

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