Das Ziel: die 26. Teamgold-Medaille

Die EM wird greifbar: Diese Woche noch reisen die Pferde in Warendorf zum Trainingslager an, von da geht’s weiter nach Crozet. Im Interview spricht die Cheftrainerin über die auserwählten Vier, die Location und wer sie immer auf die Championate begleitet.

Es werden die 32. Dressur-Europameisterschaften der Geschichte, zum allerersten Mal finden sie in Frankreich statt. Die Jiva Hill Stables in der kleinen Bergstadt Crozet empfangen Europas beste Dressurreiter vom 26. bis 31. August – mit Blick auf den Mont Blanc. Seit der EM in Herning 2013 wird das deutsche Team von Cheftrainerin Monica Theodorescu angeführt. Das Ziel ist klar: die 26. Teamgold-Medaille!

Sieben auf einen Streich: für die Cheftrainerin werden es die 7. Europameisterschaften in diesem Amt
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• Das Team für die Europameisterschaft in Crozet steht. Wie haben Sie Ihr Quartett zusammengestellt?

Monica Theodorescu: Wichtig für die Nominierung sind natürlich die Leistungen und die Konstanz, mit der diese erbracht wurden. Damit ist schon klar: die beiden Medaillenpferde vom vergangenen Jahr, die zur Verfügung stehen und die auch in diesem Jahr schon wieder top Leistungen gezeigt haben, sind dabei. Wendy von Isabell Werth hatte nach Stuttgart und Stockholm eine lange Winterpause und konnte dann erst wieder in Balve bei der Deutschen Meisterschaft an den Start gehen. Ich habe sie zwischendurch natürlich im Training gesehen und denke, seit Paris hat sich ihre Tragkraft weiter verbessert. Das konnte man auch in Aachen in der Passage erkennen, in der sie jetzt noch deutlich schöner abfußt. Auch in der Galoppade kommt sie noch mehr zum Tragen.

Es wird die 17. EM-Teilnahme für Isabell Werth
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Bluetooth von Frederic Wandres hat nach Paris eine lange Pause gemacht. Im Januar ging er bei dem Weltcup-Turnier in Basel an den Start, das war schon wirklich gut. Mit dem Nationenpreis in Compiegne Anfang Mai hatte Bluetooth dann einen sehr guten Start in die Outdoor-Saison, in Balve zeigte er sich weiter verbessert und in Aachen konnte man deutlich erkennen, dass er im Vergleich zum vergangenen Jahr noch mehr Tragkraft, Selbstverständlichkeit und eine verbesserte Selbsthaltung bekommen hat.

Frederic Wandres gehört zum 2. Mal mit Bluetooth zum EM-Team
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Katharina Hemmer hat Denoix im Winter ein paar Turniere geritten, um das Pferd noch mehr an Atmosphäre zu gewöhnen und damit er noch besser mit seinem Nerv zurechtkommt. Das ist ihr sehr gut gelungen. Sie hat die Regelmäßigkeit der Turniere genutzt und sehr konstante Leistungen gezeigt. Dabei konnten die beiden sich ebenfalls weiter steigern: in den Pirouetten, im Gleichmaß der Passagen und immer mit sehr guten fliegenden Wechseln. Dabei ist Denoix stets in sehr guter Losgelassenheit und Selbsthaltung. Was von den Richtern auch sehr positiv bewertet wird, ist die Natürlichkeit der Trabverstärkungen und die Höhepunkte in den Trabtraversalen.

EM-Premiere für Katharina Hemmer und Denoix
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• Wie schwierig war die Entscheidung für das vierte EM-Paar?

Monica Theodorescu: Naja, das hat sich letztendlich ergeben und war keine schwierige Entscheidung. Die Leistung hat es entschieden. Ingrid Klimke konnte mit Vayron in Balve aufgrund der leichten Kolikanzeichen nicht starten, aber sie hatte zuvor über die Saison das Pferd immer stabiler bekommen und besser kennengelernt. In Hamburg hat sie den Grand Prix mit einer sehr guten Vorstellung gewonnen und jetzt in Aachen war der Grand Prix noch nicht optimal, aber im Special haben die beiden eine sehr gute Leistung gezeigt, mit der sie dann auch drei Prozent vor Destacado lag. Matthias Rath und Destacado waren über die Saison bis Balve eigentlich sehr konstant unterwegs und auch fehlerlos, aber leider war in Aachen der Fehlerteufel drin. So hat sich das herauskristallisiert. Ingrid hat sich im Team positioniert und Matthias ist erste Reserve. Ingrid ist sehr nervenstark und reitet immer sehr präzise, auch Dinge wie das Halten, welches im Grand Prix dreimal vorkommt. Das sind Punkte, die sie auf keinen Fall ‚verschenkt‘. Und Vayron ist natürlich ein beeindruckendes Pferd, das eine enorme Präsenz im Viereck hat und überragende Grundgangarten, trotzdem ist die Kennlernphase der beiden noch nicht so lange und bei der Größe und Übersetzung von Vayron ist das alles nicht ganz einfach. Aber es gelingt ihr immer besser.

Die 12. EM für Ingrid Klimke, aber die erste in der Dressur!
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• Wie verläuft die verbleibende Zeit bis zum Championat?

Monica Theodorescu: Wir haben zuvor noch ein Trainingslager in Warendorf und fahren dann gemeinsam von Warendorf aus nach Crozet. Turniere sind bis zur EM nicht mehr geplant. Im Trainingslager wird es um den Teamspirit und das gemeinsame Fokussieren gehen. Aufgrund der langen turnierfreien Zeit werden wir die Grand Prix-Aufgabe reiten, auf Video aufnehmen und analysieren. Das bedeutet nicht, dass wir ‚Turnier spielen‘, uns aber doch auf die Prüfung konzentrieren wollen‘.

• Die Jiva Hill Stables in Crozet sind noch ein eher junger Turnierort, die letzten zwei Jahre, 2023 und 2024, haben sie mit Fünf-Sterne-Turnieren auf sich aufmerksam gemacht. Kennen Sie die EM-Location?

Monica Theodorescu: Ja, ich war in den beiden vergangenen Jahren dort. Es ist eine wunderschöne private Anlage. Es wird sicher eine sehr stilvolle und elegante Europameisterschaft. Die Anlage liegt sehr schön, etwa 20 Minuten von Genf entfernt auf der französischen Seite. In Hanglage ist die Anlage terrassenförmig angelegt, mit sehr guten Stallungen und befestigten Böden auch für die Lkw. Und sie haben viele Paddocks und Flächen zum Grasen für die angereisten Turnierpferde. Der Turnierplatz ist wunderschön, rundherum sind Tribünen. Es steht außerdem eine sehr große Halle zur Verfügung, vor der Halle ist noch ein Abreiteplatz und eine Terrasse höher liegt dann erst die private Anlage der Besitzer. Es ist reichlich Platz.

• Was hat aus Ihrer Sicht allergrößte Bedeutung bei einer Europameisterschaft?

Monica Theodorescu: Die Mannschaftsmedaille! Diese Goldmedaille ist das Ziel. Der Nationenpreissieg von Aachen stärkt uns da schon ein bisschen den Rücken. Erst mal durch die Art und Weise, in der wir dort gewonnen haben, und dann auch nur zu dritt. Dadurch war natürlich Druck im Spiel. Aber wie die Drei dort geritten sind, war große Klasse. Das hat schon mal ein Ausrufungszeichen gesetzt.

• Sie sprechen ungerne über die Konkurrenz, das wissen wir. Können Sie uns trotzdem verraten, von welcher Nation Sie den größten Konkurrenzdruck erwarten?

Monica Theodorescu: Ich rechne schon damit, dass die Briten sehr stark sein werden. Sie hatten in Aachen nicht das Topteam am Start, sondern mit Becky Moody nur eine ihrer Topreiterinnen. Dazu kommen sicher noch Carl Hester und Lottie Fry und wer weiß, wer noch mit im Team sein wird. Mit den Briten ist in jedem Fall zu rechnen.

• Herning 2013 war Ihre erste Europameisterschaft als Bundestrainerin, Crozet wird somit Nummer sieben. Hilft die Erfahrung?

Monica Theodorescu: Das Championat bzw die Olympischen Spiele sind jedes Jahr der Höhepunkt – zur Routine wird das nie.  Aber ein bisschen Erfahrung ist natürlich nicht schädlich. (lacht).

• Was war Ihr bisher allerschönster EM-Moment als Cheftrainerin?

Monica Theodorescu: Das war die Europameisterschaft in Rotterdam 2019 als wir nach der Goldmedaille mit dem Team und Gold und Silber im Grand Prix Special, dann noch Gold, Silber und Bronze in der Kür gewonnen haben. Alle drei Podiumsplätze für deutsche Reiter – das war schon sehr besonders. Und in Rotterdam haben wir eine tolle teambildende Maßnahme erlebt. Wir sind alle zusammen mit zwei Speed-Schlauchbooten durch den Hafen von Rotterdam gesaust – das war auch klasse.

• Haben Sie den belgischen Senkrechter-Starter aus Aachen, Justin Verboomen, im Hinterkopf mit Blick auf die Einzelmedaillen in Crozet?

Monica Theodorescu: Na klar, aber daran können wir nichts ändern. Das kommt auf die Tagesform an. Wir müssen wie immer top vorbereitet sein und vor Ort gibt jeder sein Bestes.

• Viele Reiter haben spezielle Glücksbringer für wichtige Prüfungen. Haben Sie als Trainerin auch einen?

Monica Theodorescu: Ich trage mein Glückshufeisen um den Hals. Das ist ein kleiner, aber feiner Anhänger, bei dem das Hufeisen auch richtig herum hängt, so dass das Glück hineinfallen kann. Den habe ich mir mal vor vielen Jahren gekauft, seitdem fährt er mit mir zu den Championaten.

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung des PM-Forum, das Interview führte Kim Kreling

 

Französische Premiere

Noch nie haben die europäischen Dressurreiter ihre Meisterschaften in Frankreich ausgetragen. Crozet ist die Premiere! Die Jiva Hill Stables liegen im regionalen Naturpark Haut-Jura, etwa 15 Minuten vom Flughafen Genf entfernt. Mit dem Mont Blanc im Hintergrund bietet der Veranstaltungsort eine außergewöhnliche Bühne für die Europameisterschaft. 2006 wurde die Reitanlage als Teil des luxuriösen Jiva Hill Resorts erbaut, sie erstreckt sich über rund 50 Hektar. Die Veranstalter garantieren erstklassige Böden in allen Trainingsarenen, eine Indoor-Trainingsanlage mit Temperaturregelung für ganzjährigen Komfort und großzügige Weideflächen. Seit 2017 werden in Crozet internationale Dressurturniere veranstaltet, in den vergangenen beiden Jahren auf höchstem Fünf-Sterne-Niveau. Auch einige der deutschen Dressurreiter waren vor Ort – und begeistert.

Aller guten Dinge sind 26

Erstmals wurden 1963 Europameister im Dressurviereck gekürt, ab 1965 mit Mannschaftswertung. Seitdem hat sich die deutsche Equipe 25 Mal Teamgold gesichert. Das 26. Gold ist erklärtes Ziel!

Eingesprungen

Eigentlich sind die Dressur-Europameisterschaften 2025 ins slowakische Samorin vergeben worden, aber im August 2024 haben die Veranstalter wegen wirtschaftlicher Probleme einen Rückzieher gemacht – wie schon 2018 und 2022 nach der Bewerbung für die Weltmeisterschaft. Im November 2024 konnte die FEI verkünden, dass ein neuer Veranstalter gefunden wurde: Crozet.

Das EM-Programm

Im Grand Prix werden die Teammedaillen entschieden, er findet vom 27. bis 28. August statt, während des Grand Prix Special am 29. August geht es um die ersten Einzelmedaillen. Am Samstag, 30. August, ist prüfungsfreie Pause, die Meisterschaft endet mit der Kür zur Musik am 31. August, hier werden die Einzelmedaillen vergeben.

Weitere Infos unter crozet2025.com