“…von der Kandare über ‘Behind the Vertical’ bis hin zum Thema ‘blaue Zunge’…”
“Ich möchte Brücken bauen und den Dressursport zukunftsfähig machen.” Das FN-Interview mit Klaus Roeser zur Bewerbung als Vorsitzender des FEI-Dressurkomitees…

Klaus Roeser – Kandidat für den Vorsitz des FEI-Dressurkomitees
Die FN hat Klaus Roeser als Kandidaten für den Vorsitz des FEI-Dressurkomitee nominiert. Das Gremium ist innerhalb des Weltreiterverbands FEI für alle Fragen rund um den internationalen Dressursport zuständig, sein Vorsitzender gehört automatisch auch dem FEI-Board an. Die Wahl findet im November im Rahmen der FEI-Generalversammlung in Hongkong statt.
Im Interview spricht Roeser über die Bedeutung der Nominierung, seine Ziele für die Arbeit im Ausschuss und die Veränderungen, die eine Wahl für ihn persönlich mit sich bringen würde.
• Herr Roeser, die FN hat Sie als Kandidaten für den Vorsitz des FEI-Dressurkomitee vorgeschlagen. Was bedeutet Ihnen diese Nominierung?
Klaus Roeser: Das ist für mich eine große Ehre. Ich engagiere mich seit über 16 Jahren ehrenamtlich in verschiedenen Funktionen – als Equipechef der deutschen Dressurmannschaft, Vorsitzender des DOKR Dressurausschuss, als Generalsekretär des Internationalen Dressurreiter-Clubs (IDRC) oder als Athletenvertreter im Vorstand der EEF (European Equestrian Federation). Dazu kommt meine berufliche Erfahrung als Veranstalter und meine Zeit als aktiver Reiter. Und nicht zuletzt bin ich auch Vorsitzender des Reit- und Fahrvereins Lohne. Ich kenne den Sport also aus fast allen Perspektiven. Dass man mir dieses Amt zutraut, freut mich sehr.
• Der Vorsitz im FEI-Dressurkomitee gilt als einflussreiche Position. Was möchten Sie dort bewegen?
Klaus Roeser: Mir ist wichtig, die aktuellen Diskussionen in der Dressur zu versachlichen. Es gibt viele kontroverse Themen – von der Kandare über „Behind the Vertical“ bis hin zum Thema „blaue Zunge“ und die Richterei, um nur einige zu nennen. Diese Debatten müssen wir sachlich, wissenschaftlich fundiert und im offenen Dialog führen, nicht in den Echokammern sozialer Medien. Entscheidend ist, dass wir alle Beteiligten einbinden: Reiter, Richter, Stewards, Pfleger, Tierärzte, Wissenschaftler und Züchter. Nur so entstehen tragfähige Lösungen.
• Wo sehen Sie konkreten Veränderungsbedarf im Dressursport?
Klaus Roeser: Zum einen in der Nutzung moderner Technologien. Andere sogenannte „Richtersportarten“ sind uns da weit voraus. Gerade Richterinnen und Richter stehen vor der enormen Aufgabe, an einem Tag 40 Pferde zu bewerten, mit einer Vielzahl an Einzelnoten. Digitale Systeme könnten sie entlasten, indem sie objektive Messungen liefern – etwa bei der Anzahl der Galoppwechsel, der Größe einer Pirouette oder beim korrekten Halten. So bleibt den Richtern mehr Raum, sich auf die Qualität zu konzentrieren. Das hätte drei Vorteile: weniger Komplexität für die Richter, mehr Transparenz für alle und zugleich eine spannendere Darstellung des Sports für das Publikum. Damit können wir auch Kritikern Wind aus den Segeln nehmen und den Dressursport verständlicher und weniger angreifbar machen.
Ebenso wichtig ist für mich die Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Diskussion rund um das Thema „Welfare of the Horse“ – von Trainings- und Haltungsmethoden bis hin zu Fragen der Ausrüstung.
• Wenn Sie gewählt werden, müssen Sie dafür auch andere Aufgaben abgeben. Fällt Ihnen das schwer?
Klaus Roeser: Ja, sehr. Nach 16 Jahren als Equipechef werde ich dieses Amt aufgeben müssen, auch der Posten als Generalsekretär des IDRC ist mit dem Vorsitz nicht vereinbar. Das ist bedauerlich, denn ich habe diese Arbeit mit Herzblut gemacht. Aber es wäre ein klarer Interessenkonflikt, beides weiterzuführen. Dennoch überwiegt für mich die Chance, im Dressurausschuss wirklich etwas für die Zukunft des Sports bewegen zu können.
• Was wäre Ihr persönliches Ziel als Vorsitzender?
Klaus Roeser: Den Dressursport in seiner Balance zwischen Tradition und Moderne weiterzuentwickeln. Regeln sind wichtig und notwendig – aber wir dürfen nicht überregulieren. Dressur lebt von Harmonie und Partnerschaft mit dem Pferd und das darf bei aller Detailarbeit nicht verloren gehen. Ich möchte Brücken bauen, zuhören, unterschiedliche Positionen zusammenführen und gemeinsam Lösungen erarbeiten, die den Sport glaubwürdig und zukunftsfähig machen.
Darüber hinaus ist mir die weitere Internationalisierung ein besonderes Anliegen: Es gilt, den Dressursport weltweit auf eine breitere Basis zu stellen und mehr Nationen an den internationalen Dressursport heranzuführen. Mein Ziel ist es, Strategien zu entwickeln und Initiativen anzustoßen, die diese Entwicklung fördern.
Quelle: fn-press