Tiefpunkt erreicht!

Ich möchte keine Leinen ohne Hunde führen.

Ein sehr persönliches Statement.

Seit 30 Jahren begleite ich den Pferdesport journalistisch von verschiedenen Perspektiven. Seit 50 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit Pferden. Seit etwa zehn Jahren steht der Pferdesport unter enormem öffentlichem Druck, meist der Dressursport. Nie habe ich an der Schönheit und Faszination der Pferde und des Sports gezweifelt …

Jetzt ist der gefühlte Tiefpunkt erreicht: Turnierabsagen, (sehr) unschöne Bilder, flache Aussagen. TV-Produktionen (öffentlich-rechtlich), die wie schlechte Kinder-Dokumentationen gemacht sind, aber auch tatsächliche Probleme im Breitensport aufzeigen. Die einen vertuschen, die anderen reden schön oder lassen alles an sich abprallen, wieder andere sind ratlos.

Und immer wieder die Frage, die einem, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht: Sind die wenigen, die nicht gut mit Pferden umgehen, vielleicht doch mehr als bisher gedacht?

Ganz ehrlich: Die Situation ist unerträglich!

Ein Kollege hat es auf den Punkt formuliert: “Die vielen schönen Geschichten und Momente, die der Pferdesport liefert, sind zu langweilig, zu normal. Die interessieren niemanden. Die Menschen wollen es dramatisch.”

Am Rande eines sehr großen Turniers drehen sich zahllose Gespräche um die Zukunft des Pferdesports. Die verbreitete Meinung: Es geht nicht mehr lange so weiter.

Was also tun? Eine neue Passion, einen neuen Job suchen? Die Pferde ‘an den Nagel hängen’ und sich ‘Hobby Dogging’ oder Joggen zuwenden?

Ich habe sehr lange und sehr viel nachgedacht. Nie habe ich an der Schönheit und Faszination der Pferde und des Sports gezweifelt – und das tue ich auch jetzt nicht! Ich möchte keine Leinen ohne Hunde führen. Aber eins ist auch klar: So kann es nicht weitergehen.

Auch wenn die schönen Seiten des Pferdesports, für mich im speziellen des Dressursports, nicht reißerisch sind und jede Menge ‘Likes’ generieren, ich werde nicht müde, sie zu erzählen. Weil sie da sind, weil sie so schön sind, dass sie durch nichts zu ersetzen sind und weil sich in den vergangenen Jahren auch schon enorm viel verbessert hat – für die Pferde! Trotzdem muss auch absolut klar sein: Das ‘Rumgeeiere’ auf Abreiteplätzen muss sofort aufhören. Wenn was nicht mit dem Pferdewohl einhergeht, muss jeder Steward oder Richter vor Ort einschreiten, sofort. Und nicht nur das: Auch einige Reiter und Trainer müssen wach werden. Die meisten sind sich ihrer Verantwortung dem Pferd gegenüber sehr bewusst, den anderen muss man vehement auf die Füße treten. Vielleicht auch mal einen Kollegen zur Seite nehmen und ihn wachrütteln. Und wenn da keine Einsicht ist, muss der in Zukunft Leinen ohne Hunde führen.

Auf der anderen Seite müssen wir auch endlich den Mut haben, unseren Sport wieder von innen heraus zu erklären und zu bestimmen.

Das ist keine Bitte und kein Hilferuf, das ist ein Aufschrei! Wir haben den Tiefpunkt erreicht, ab jetzt müssen wir uns mit noch viel mehr Kraft und Konsequenz gegen alles wenden, was wir mit dem Tierwohl nicht vertreten können. Und wir sollten noch viel mehr und überzeugter von den unglaublichen Momenten zwischen Mensch und Pferd erzählen. Bis wir noch viel mehr Menschen überzeugt haben, dass sie nicht langweilig normal, sondern dramatisch schön sind!

Ihre, Eure

Kim Kreling

***Eins habe ich noch vergessen. Für diejenigen, die vielleicht meinen, auf irgendwelche Beiträge mit respektlosen ‘Draufhau-Kommentaren’ auf social media reagieren zu müssen: Alles, was nicht konstruktiv und respektvoll ist, wird gelöscht. Ich habe einfach keine Lust, Repektlosigkeit in irgendeiner Form eine Plattform zu bieten.