Paris spürt man schon in Hagen

Für viele ist Hagen das erste, höchstens zweite Outdoor-Turnier der Saison, ziemlich kalte Temperaturen, dazwischen Nieselregen, kamen dazu und “…man merkt es auch den Reitern an, dass es ein olympisches Jahr ist. Der Druck, den sich jeder macht, ist spürbar.” So bringt es Co-Bundestrainer Jonny Hilberath auf den Punkt. All das spiegelte sich in Hagens Vier-Sterne-Grand Prix der Special-Tour wider: Es war kein perfekter Ritt dabei, aber viele Pferde, die gut in Schuss waren. “Wir sind jedes Jahr gerne als Sponsoren dabei”, betonte auch Rainer Schwiebert, der mit seiner Familie den Grand Prix als Preis des Helenhofs übernommen hatte. “Und wir werden jedes Jahr durch tollen Sport belohnt. Viele Pferde, die am Start waren, sind auf dem Weg zu den Olympischen Spielen.”

Die Top Drei im Grand Prix der Special-Tour

 

Bestes deutsches Paar waren Frederic Wandres und sein 14-jähriger EM-Partner Bluetooth. Mit 75,326 Prozent landeten die beiden auf Platz zwei. “Wir kamen vor dreieinhalb Wochen aus der Sonne und 30 Grad in Wellington und mussten jetzt hier durch das Wetter”, schmunzelte Wandres. “Aber das soll keine Ausrede sein, da mussten alle durch. Es war heute nicht unsere Sternstunde, er kann noch besser. Es gibt noch deutlich Luft nach oben. Er hatte tolle Momente, aber ich konnte heute im Viereck nicht zeigen, wie gut er wirklich in Schuss ist. Welch tolles Gefühl er mir in den vergangenen Trainingstagen beispielsweise gegeben hat.” Am Ende der Zweierwechsel leistete sich der Bordeaux-Sohn einen unerwarteten Fehler und fand heute nicht ganz optimal in die Piaffen, spielte aber  auf der anderen Seite viele Stärken aus: z. B. ausdrucksvolle Trabverstärkungen, gelunge Schritt-Tour, sehr gute Zick-Zack.

After-Grand Prix-Snack für Bluetooth 🙂

“Die Bedingungen waren nicht ganz optimal, aber – wie gesagt – für alle gleich. Ich werde ihn morgen am freien Tag schön über den Rücken arbeiten und höchstens einmal die Zweierwechsel und das Anpiaffieren ansetzen – das war’s. Das Pferd ist besser denn je in Schuss, super frisch und motiviert, zieht richtig gut los und ich bin guter Dinge, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort alles auf den Punkt haben.”

Auch Wandres gesteht: “Natürlich hat man Olympia im Kopf, beobachtet seine Kollegen und weiß, dass jede Runde zählt.”

Platz vier mit 74,174 Prozent gab es für Franziskus und Ingrid Klimke. Die beiden verließen das Viereck hoch zufrieden: “Ich fand Franz richtig toll heute!”, schwärmte die Reitmeisterin. “Er war unheimlich versammelt, geschlossen, hat super zugehört und ich konnte alle Verstärkungen mit vollem Risiko ausreiten und wusste, dass ich ihn danach wieder total geschlossen habe. Er ließ mich von Lektion zu Lektion super präzise reiten. Die Piaffen waren super auf der Stelle und das erste Anpassagieren waren sofort ein ‘Bähm – da bin ich!'” Vor der ersten Pirouette sprang der Hengst einmal um – warum? “Das war meine Schuld. Ich habe gemerkt, dass ich etwas links von der Mittellinie bin und etwas mehr nach rechts muss – und zack ist er umgesprungen. Er hat alles richtig gemacht. Und die Pirouette danach war sofort wieder gut. Also er ist wirklich total gut drauf.”

Auf den Plätzen sechs, sieben und acht folgten drei weitere deutsche Paare. Sönke Rothenberger mit Fendi, der ungewohnt teure Fehler gerade in der Galopp-Tour verzeichnen musste: in den Zweierwechseln und der Zick-Zack. Auch die Übergänge aus der Piaffe heraus klappten heute nicht optimal, aber überall blitzte die Genialität des Pferdes durch: top Ausdruck in den Passagen, den Trabtraversalen und eine gut gelungene Mittellinie mit den beiden Pirouetten. Ein zufriedenes Lächeln breitete sich im Gesicht von Fabienne Müller-Lütkemeier nach ihrem Ritt aus. Mit 72,348 Prozent landete das Paar Müller-Lütkemeier/Valesco auf Platz sieben. Den beiden war eine technisch nahezu fehlerfreie Runde gelungen mit ausdrucksvollen Passagen und sehr gut durchgesprungenen Zweierwechseln. Anabel Balkenhol und High Five erhielten ihr persönliches Bestergebnis in einem internationalen Grand Prix: 72,109 Prozent (Platz acht).

Der Sieg ging nach Großbritannien, an Charlott Dujardin und ihren EM-Partner Imhotep mit 77,478 Prozent.

HIER geht es zu den genauen Ergebnissen aus Hagen.

Und was macht Duke of Britain?

Wandres ist in der komfortablen Situation, mit zwei Kandidaten die Saison zu planen. Bluetooths Stallkollege Duke of Britain wird in der kommenden Woche beim Nationenpreis in Compiegne an den Start gehen. “Wir waren mehr als drei Monate in Wellington, ich bin erst vor dreieinhalb Wochen wieder bei Duke in den Sattel gestiegen und die Wochen zuvor hat er sehr viel Spaßprogramm auf der Rennbahn genossen. Er ist – ich möchte mal sagen – so frisch. Es gilt noch ein bisschen das Motto: ‘Fasten your seat belt’ (lacht). Also, für ihn passt das Timing sehr gut, dass wir noch ein paar Tage mehr Zeit haben zum Trainieren und außerdem ist Bluetooth ja nach Wellington hin und rück gereist, jetzt kann Duke die nächste Reise übernehmen.” Duke sei 17, aber sehr gut drauf. “Wie ein alter guter Rotwein, also: gut lagern und rausholen, wenn es besondere Anlässe sind.”

 

Championats-Atmosphäre

Erstmals wird in diesem Jahr der Special am Sonntag im großen Hagener Hauptstadion ausgetragen, sonst wurde dort die Kür am Samstagabend zelebriert. “Der Special steht natürlich in diesem Jahr im Fokus, im Special werden bei Olympia die Mannschafts-Medaillen entschieden”, erklärt Wandres. “Das große Stadion vermittelt schon wirklich Stadioncharakter und Championats-Atmosphäre. Man kann sich nicht besser vorbereiten und üben als dort.”