Emilio mit dem achten Sinn!

„Wenn man sagt, Pferde haben einen siebten Sinn, dann hat Emilio auch einen achten. Er ist so sensibel und hat so viel Gespür.“ Die Geschichten der Besten sind oft spannend, weil die Besten den siebten oder sogar achten Sinn haben. Die Geschichte eines Spitzensportlers und sein Blick in Richtung Rente – am Beispiel Emilio mit Isabell Werth…

 

Dieser Applaus von Isabell Werth gilt auch dem Stuttgarter Publikum, aber noch mehr Meister Emilio! (Foto:©tomspic.de)

“Sie brauchen den Geist”

Was ist Voraussetzung dafür, ein so erfolgreiches Pferd über so lange Zeit – acht Jahre im internationalen Grand Prix-Sport – zu werden wie Emilio?
„Der Geist!”, antwortet Isabell Werth ohne zögern. “Das ist etwas, was ich immer wieder sage: Wir zwingen die Pferde nicht zu etwas, was sie nicht mitbringen. Sie brauchen den Geist und Emilio hat unglaublichen Geist und eine unglaubliche Elastizität. Das ist das, was damals meinen Bereiter Matthias (Bouten) und mich dazu bewogen hat, das Risiko mit Emilio einzugehen.“ Risiko, weil Emilio als er als junges Pferd in den Stall Werth kam, keinen Reiter hat aufsteigen lassen. „Er war so fein, so kitzelig. Vom Körperbau wirkt er etwas grober, etwas kantiger, aber er war immer sehr sensibel. Tatsache ist, dass keiner mehr auf ihn raufkam, weil er aus irgendwelchen Gründen Angst bekommen hatte, die mir nicht bekannt sind. Matthias hat sich damals sehr viel Mühe mit ihm gegeben und Ideen gesammelt: von der Gummipuppe auf dem Rücken über alles mögliche bis er die Scheuklappen-Theorie entwickelt hat, die dann gefruchtet hat.“ Mit den Scheuklappen wie bei einem Fahrpferd ließ Emilio den Reiter aufsteigen. Zunächst blieben sie auch beim Reiten drauf, um ihm Ruhe und Sicherheit zu geben, dann konnte man sie abmachen. „Damit hat Emilio nach und nach die Angst abgebaut!“ Der ganze ‚Vorgang‘ hat einige Monate gedauert.

Steffi, der feste Anker

Emilio ist ein sehr personenbezogenes Pferd, fester Anker in seinem Leben ist schon von Beginn an im Stall bei Isabell Werth Steffi, Steffi Wiegard, die Pflegerin. „Emily – so nennt Steffi Emilio immer – ist ihr absoluter Liebling. Emily ist heilig bei ihr. Er ist der Erste, mit dem sie rausgeht zum Grasen und wenn sie in den Stall kommt, dann schreit Emily wie ein kleines Kind, wenn sie nicht direkt zu ihm kommt. Und wenn man in seine Box geht, wird man erst mal komplett abgeleckt, von oben bis unten. Das findet er super.“

Behutsam in die Rente

„Emilio wird im nächsten Jahr ganz sicher noch geritten, das machen wir immer so. Don Johnson haben wir auch noch über ein Jahr geritten und die Zeit auf der Weide nach und nach verlängert. Jetzt hopst er fröhlich in meiner Rentnerband rum und ist dort der Chef, obwohl er mit seinen 22 Jahren da der Jüngste ist (lacht). Mit Emilio muss man den Übergang in die Rentnerband ganz langsam machen, er kommt erst mal nur mit einem anderen Koppelpartner raus und dann müssen wir gucken, wie und in welcher Konsellation er sich am wohlsten fühlt.“

Wie groß ist die Werth’sche Rentnerband aktuell?
„In der größeren Gruppe haben wir den Chef, Jonny, First Class, Whisper, Laurenti, Der Stern und Donald, ein Pferd von meiner Schwester. Ernie (El Santo) hatte sich verletzt, der steht im Moment nur mit einer Stute, Lavani, und unserem Shetti Kelly zusammen und Bella (Bella Rose) steht, seitdem ihr Fohlen abgesetzt ist, jetzt erst mal mit unserem Welsh-Pony Henry auf der Koppel. Und dann sehen wir mal, wo Emilio nach seiner Pensionierung dazu passt.“

Der weitere Plan?

Vor Stuttgart war der Plan ziemlich sicher, dass Emilio sich in Frankfurt verabschieden wird, aber Isabell Werth schwankt. „Eventuell reite ich ihn auch noch eine Weltcup-Etappe. Ich schwanke noch in meinem Herzen – mal sehen.“