Das richtige Tempo – ständige Herausforderung

Profiausbilderin Bianca Nowag hat beim CDI in Hagen einmal mehr mit feinem und präzisem Reiten im Dressurviereck überzeugt. dressursport.kim im Gespräch mit der Profiausbilderin – speziell zur ständig neuen Herausforderung: Die Wahl des richtigen Tempos…

Bianca und Queolito auf der Hagener Diagonalen (©Foto Rüchel)

dressursport.kim: Am vergangenen Wochenende in Hagen lief es mit Deinen beiden Grand Prix-Pferden Florine und Queolito…
Bianca Nowag-Aulenbrock: Ja, ich bin mit der Entwicklung von beiden Pferden wirklich sehr zufrieden. Wir kriegen jetzt immer mehr aufs Viereck, was sonst zu Hause auch schon sehr gut funktioniert hat. Beide Pferde müssen über den Winter noch etwas mehr Kraft kriegen, um in der nächsten Saison hoffentlich noch einmal zwei, drei Prozente nach obern wandern zu dürfen. Ich bin Familie von Wulffen wahnsinnig dankbar, dass ich Florine bis hierhin ausbilden und den Weg auch noch weiter mit ihr gehen darf. Und ich freue mich auch total, dass Melissa (Grasser) Anfang des Jahres auf mich zukam und mir ihren Queolito anvertraut hat. Ich weiß, dass es alles andere als selbstverständlich ist, dass ich diese Chance bekomme, mit zwei solchen Pferden im Grand Prix-Sport mitreiten zu können.

dressursport.kim: Queolito hast Du mit ziemlich hohem Tempo im Grand Prix vorgestellt, warum?
Bianca Nowag-Aulenbrock: Queolito ist ein Kandidat, der auch gerne mal das Drumherum ums Dressurviereck ganz spannend findet. Er braucht noch mehr Routine und auch Selbstsicherheit. Das ist auch der Grund, warum ich ihn mit recht forschem Tempo durch die Prüfung geritten habe. Ich muss zum Reiten kommen und immer eine Sekunde schneller sein als er, dann gebe ich ihm im Moment noch mehr Sicherheit und verhindere, dass er zu viel ans Nachdenken und ans links-rechts Gucken kommt. Langfristig ist das Ziel, ihn noch etwas ruhiger, geschmeidiger und durch den Körper zu präsentieren. Das komplette über den Rücken abschwingen, den Hals noch einen Tacken mehr fallen lassen – das sind die Themen, an denen ich jetzt mit mehr Routine noch arbeiten möchte.

dressursport.kim: Das Finden des richtigen Tempos ist ja immer wieder eine neue Herausforderung…
Bianca Nowag-Aulenbrock: Ja, absolut. Ich hatte in den ersten zwei, drei Prüfungen das Gefühl, als ich sie mir danach noch mal per Video angesehen habe, ‚och, vielleicht ein bisschen langweilig‘. Ich wollte etwas mehr Pepp in die Sache bringen. Freches Reiten fehlte mir auf den Videos für mein eigenes Gefühl. Ich habe Queolito ja erst seit Jahresbeginn beim mir im Stall. Und gerade wenn man mit dem Pferd noch nicht so oft im Viereck am Start war, ist die Wahl des Tempos besonders schwierig. Bei Florine gucke ich mir die Prüfungen natürlich auch immer danach noch mal an. Mit ihr bin ich natürlich schon viel besser eingespielt, aber auch da passiert es mir noch, dass ich bei der Videobetrachtung danach denke: ‚Oh, da war ein bisschen zu langsam‘. Es ist von Mal zu Mal eine neue Herausforderung.

dressursport.kim: Die Wahl des Maßes in der Trabverstärkung ist dann noch mal eine Extra-Herausforderung?
Bianca Nowag-Aulenbrock: Ja, auch dabei da muss ich mit Queolito schon noch etwas Tempo reiten, damit er sich richtig öffnet. Aber das Ziel ist natürlich, dass er mit der Kraft, Routine und Selbstsicherheit noch geschlossener und erhabener wird. Das muss kommen, aber im Moment würden mir mit weniger Tempo noch nicht solche Trabverstärkungen wie in Hagen gelingen. Er muss noch sicherer wissen, was kommt, und muss auch ans andere Ende der Diagonalen hinwollen, damit ich ihn nach den ersten Metern schon wieder etwas abfangen und gegensitzen kann, damit er noch größer und erhabener wird. Beide Pferde, Florine und auch Queolito, sind ja noch nicht so erfahren, sie müssen sich in den Aufgaben noch sicherer fühlen. Sie sind noch in der Reinwachs-Phase und werden besser, wenn sie es häufiger gemacht haben.

dressursport.kim: Bist Du oft ‚verblüfft‘, wenn Du Deine Ritte danach auf Video ansiehst, weil es sich für Dich anders angefühlt hat als es auf dem Video aussieht?
Bianca Nowag-Aulenbrock: Es ist nicht oft, aber hin und wieder schon. Florine kenne ich schon sehr gut, da habe ich sehr oft das passende Gefühl. Sie ist ja auch immer sehr schön in der Anlehnung und trotzdem passiert es mir auch bei Florine noch manchmal, dass ich auf dem Video denke: ‚Oh, sie hätte ein ganz kleines bisschen runder sein dürfen.‘ Bei Franz, so nennen wir Queolito, ist es noch etwas häufiger so, dass ich ein klein bisschen anderes Gefühl hatte als es nach außen ausgesehen hat. Mir hilft das unheimlich, die Ritte danach noch mal sehr bewusst auch ‚von außen‘ zu betrachten.

dressursport.kim: Eine Grundsatzfrage zum Schluss: Du hast Dich schon mit 23 Jahren selbstständig gemacht und bist jetzt schon seit fünf Jahren Dressurausbilderin im Raum Warendorf. Je bereut?
Bianca Nowag-Aulenbrock: Nein, nicht eine Sekunde. Ja, es ist viel Arbeit, es gibt kein Wochenende und während der Saison ist nicht viel Platz für Freunde, Familie, Mann und Co, das muss man schon alles organisiert bekommen, damit die, die einem am Herzen liegen, und die Kunden und die Pferde alle glücklich sind, das ist eine Hausnummer, aber es macht sehr viel Spaß!

 

Pferde, die Bianca bisher im Grand Prix-Sport etabliert hat:
• Fair Play, mit der ich von Junioren und Jungen Reiter bis zu den U25-Europameisterschaften gewachsen bin.
• Luciano habe ich auf Inter II-Niveau bekommen und dann in den Grand Prix-Sport gebracht.
• Sir Hohenstein, den ich zwei Jahre hatte, auf S-Niveau bekommen habe und dann im U25-EM-Team mit ihm war.
• Florine, die ich ausgebildet habe.
• Und Queolito, den ich von Nina Kudernak übernommen habe. Sie war mit ihm 2022 im Finale des Louisdor-Preises dabei und ich habe jetzt mit ihm nur noch den letzten Schritt in den großen Grand Prix-Sport gebracht.
• Auf dem Weg in den Grand Prix-Sport ist gerade Damiro. Mit ihm war ich jetzt schon in Inter II- und Kurz-Grand Prix-Prüfungen am Start.

 

Biancas Trainer:
Ich arbeite schon viele Jahre zusammen mit Monica (Theodorescu) und Sebastian (Heinze). Mit Beiden klappt das unheimlich gut und was ich besonders schätze ist, dass ich von Beiden immer ihre super ehrliche Meinung bekomme. Wenn einer von den Beiden sagt: ‚Das war gut‘, dann weiß ich, es war wirklich gut. Ich baue sehr auf die Meinung der Beiden – ein cooles Team!