Anreize, Ideen, Motivation
Gedanken zum Jahreswechsel – mit Katharina Hemmer
Die Frage: Diskutieren wir im Dressursport über die richtigen Dinge? Oder: wo drückt der Schuh?
Foto oben: EQWO/Petra Kerschbaum

Katharina Hemmer:
Ich würde die Frage gerne zunächst von der anderen Seite beantworten: Wir haben uns unglaublich gut entwickelt, darüber sprechen wir, denke ich, zu wenig. Das geht schon mit der Haltung los, unsere Pferde werden so gut gehalten wie nie zuvor. Wenn man sich die Qualität der Haltungsbedingungen ansieht und wie oft die Pferde herauskommen und wie gut sie betreut werden – das hat sich enorm verbessert. Und ich bin fest überzeugt, dass unser Reiten immer besser und die Harmonie zwischen Reiter und Pferd immer größer geschrieben wird. Das entwickelt sich wirklich gut.
Mehr Möglichkeiten
Ich denke aber auch, dass unser Fokus nicht immer der richtige ist. Ich bin sehr offen für alles, man muss über alles sprechen, aber einiges muss differenzierter betrachtet werden. Und ich denke, wir müssen mehr auf die Basis gucken. Wir müssen versuchen, schon an der Basis den Reitsport mehr zu fördern. Wir müssen mehr Möglichkeiten schaffen, dass Kinder überhaupt die Chance haben, ans Reiten zu kommen. Es gibt so viele Kinder, die gerne reiten würden und nicht die Möglichkeit haben. Ich selbst habe auch im Schulbetrieb auf einem Schulpony angefangen zu reiten. Hätte es das nicht gegeben, hätte ich auch nicht die Möglichkeit gehabt, zu reiten. Das ist wichtig und auch dass die Kinder, die reiten, wirklich gesehen und gefördert werden. Dass ihnen die Reitlehre wirklich nähergebracht wird. Es fehlt den Ausbildern manchmal die Expertise und Kenntnis, um den Kindern das wirklich von Anfang an mitzugeben.
Kinder richtig abholen
Ich hatte damals einen ganz tollen Trainer, der in jeder Reitstunde auch ein bisschen Theorie gemacht hat. Wie funktioniert eine halbe Parade? Wie funktionieren die Hilfen? Ich glaube, wenn man die Grundlagen weiß, kann man vieles besser umsetzen und Reiten macht auch nochmal ganz anders Spaß. Das ist wichtig und hilft uns, den Sport zu erhalten. Viele Reitanfänger werden nicht richtig abgeholt, dann kommt es irgendwann zu einer Frustration und wir verlieren Menschen, die eigentlich total begeistert von unserem Sport sind.
Anreize und Ideen
Ich habe in meiner turnierfreien Zeit jedes Wochenende Lehrgänge in verschiedenen Reitvereinen gemacht – gerade noch in meinem Heimatverein, in dem ich damals angefangen habe, mit ganz vielen, tollen Nachwuchsreitern. Da waren viele junge Mädchen dabei, die auf A-Niveau reiten, und die Nachfrage war enorm groß. Sie waren alle ganz begeistert. Ich glaube wirklich, wenn man die Kinder von Anfang an abholt, ihnen Anreize und neue Ideen gibt, kann man viel Motivation schaffen. Allein, dass sie bei jemandem einen Lehrgang reiten dürfen, zu dem sie vielleicht aufschauen. In meinem Fall wissen viele, dass ich auch mal so angefangen habe wie sie. Das ist, glaube ich, auch nochmal eine große Motivation und das hat richtig Spaß gemacht.


