Mit Soulmusik und Sonnenlicht

Gleich mit zwei Pferden hat Yara Reichert es geschafft: den Sprung ins Finale des Louisdor-Preises für die besten acht- bis zehnjährigen Grand Prix-Nachwuchspferde. Springbank und Valverde heißen ihre beiden Partner. Springbank, ihre „ganz, ganz, ganz große Liebe!“ und Valverde ihr „hochsensibler Superstar“.

(Titelbild: ©HF-Fotografie)

dressursport.kim: Yara, nächste Woche steht das große Finale in Frankfurts Festhalle an – wie geht’s Dir?
Yara Reichert: Ich bin schon jetzt im Vorfeld so sehr aufgeregt, dass ich hoffe, dass ich dann in Frankfurt ruhiger bin. (lacht) Ich mache mir selbst immer viel Druck, weil ich so gerne gute Runden reiten möchte. Bei Drei-Sterne-S kann viel passieren, es kommt alles so schnell und muss so präzise sein. Und ich möchte wirklich gerne diesen tollen Pferden gerecht werden. In meiner Wahrnehmung sind das zwei absolute Ausnahmepferde, die mit sehr viel Geduld und Liebe mit mir in diesen Sport hineinwachsen. Sie geben mir immer alles! Sie sind so für den Reiter und würden mich nie im Stich lassen. Diesen großen Pferdeherzen möchte ich gerecht werden und im Viereck nicht zu aufgeregt und nicht zu stark oder auch zu schwach für sie sein. Das ist mein Anspruch.

Valverde – der Hochsensible
(©Team Myrtill)

dressursport.kim: Erzähl uns ein bisschen über Deine Louisdor-Finalisten?
Yara Reichert: Valverde ist ganz ganz sensibel, der braucht immer alles gleich und er erzieht mich so, dass ich ihn reite wie er es gerne möchte. Wenn ich beim Galoppwechsel beispielsweise mein Bein auch nur ein winziges Stück weiter zurücklege, dann reagiert er sofort dagegen. Ich muss bei ihm ganz genau wissen, wie ich was reite, und das fällt mir manchmal schwer, wenn ich selbst zu aufgeregt und von der Kulisse zu sehr beeindruckt bin.
Und in Springbank war und bin ich schockverliebt. Springbank ist mein Löwe – er ist mutig und selbstsicher. Mit Springbank zu reiten ist ein bisschen wie Tango tanzen. Man tanzt dahin und ‚wums-rums‘ ist man in der nächsten Drehung, wer führt ist nicht immer ganz klar, aber das ist eigentlich auch egal, denn wenn Springbank verstanden hat, worum es geht, dann liefert er immer ab. Bei ihm geht es mehr darum, dass ich seine ganze Kraft und Power koordiniert bekomme, dass es nur 15 Einerwechsel sind und nicht 20.
Und so suche ich für jedes Pferd den passenden, gemeinsamen Weg der Kommunikation.

Schockverliebt in Springbank
(©Team Myrtill)

dressursport.kim: Wer unterstützt Dich im Training?
Yara Reichert: Ich trainiere sehr gerne mit Jonny Hilberath, aber er wohnt leider sehr weit weg und ist viel unterwegs. Ich als Amateur brauche aber zumindest einmal in der Woche Hilfe. Ich habe noch Hilfe von Rudi Widmann. Er hilft mir mental auch sehr viel, weil ich mich vor der Prüfung auf ihn konzentrieren und alles andere ein bisschen ausblenden kann. Und ab und zu mache ich Kurse bei Ralf Kornprobst, das mache ich auch total gerne. Ich finde es ganz toll, mir von jedem Trainer unterschiedliche Ansätze als Input mitzunehmen. Was mich persönlich für die Reiterei so brennen lässt ist: unterschiedliche Pferde mit unterschiedlichen Charakteren und jeden Tag neu auf sie eingehen und neue Wege finden – das finde ich wahnsinnig spannend.

dressursport.kim: Du bist im Gegensatz zu den meisten Reitern im Louisdor-Finalfeld ein ‚Amateur‘, wie Du selbst sagst. Wie viel Platz nimmt der Reitsport in Deinem Alltag ein?
Yara Reichert: Zuerst bin ich Mutter von vier Kindern, das ist das Allerwichtigste. Ich stehe also um sechs auf, bringe meine Kinder an den Bus oder in die Schule und dann gehe ich in den Stall und reite. Wir haben seit rund drei Wochen endlich eine Zelthalle. Es ist unglaublich schwierig, eine Baugenehmigung zu bekommen. Wir sind die Wochen davor wirklich konstant im Regen geritten in diesem schlechten November. Es war wirklich nicht schön – die Pferde, mein Team, ich, wir hatten alle keine Lust mehr. Jetzt haben wir die Zelthalle und ich kann wieder morgens sechs bis acht Pferde im Trockenen reiten. Sechs oder acht, das kommt darauf an, wie viel Zeit ich für jedes einzelne Pferd brauche. Um 13.45 Uhr hole ich meine Kinder wieder ab, dann gehe ich zu Hause an den Computer, die Kinder sitzen neben mir und machen ihre Hausaufgaben. Der Nachmittag gilt meinem Büro, aber eigentlich in erster Linie doch meinen Kindern – mein Büro vernachlässige ich am meisten 🙂

dressursport.kim: Vierfache Mutter, Unternehmerin und Dressursport auf sehr hohem Niveau – was gibt Dir der Reitsport, dass Du diesen vollen Alltag lebst?
Yara Reichert: Reitsport fasziniert mich. Mich fasziniert, dass jedes Pferd einen ganz anderen Anspruch an mich hat. Ich ‚tüftele‘ wirklich gerne: Mit welcher Hilfe komme ich bei welchem Pferd am weitesten nach vorne – und zwar stressfrei. Ich bin sehr harmoniebedürftig und ich glaube, auch durch die Kinder bedingt, dass Lernen immer in einem harmonischen Umfeld stattfinden muss. Ich mache es mir beim Reiten auch gerne schön. Ich habe gelbliches Licht in der Zelthalle, ein bisschen wie Sonnenlicht und dann höre ich beim Reiten gerne harmonische Musik – mal Gospel und mal Soul, wenn es etwas rasanter sein soll.