Knappe Kiste, EM-Gedanken und gewünschte olympische Chronologie

2,546 Punkte trennen das deutsche Quartett von der britischen Goldmedaille. Auf diese ‚knappe Kiste‘ hätte im Vorfeld der 31. Europameisterschaft wohl kaum einer gewettet.

Foto: ©FEI:Leanjo de Koster

 

Mit zwei ‚Charlotten‘ über 80 Prozent hat das Team Groß-Britannien gewonnen, insgesamt 242,220 addierte Prozentpunkte. Mit zwei persönlichen Bestleistungen (Frederic Wandres und Bluetooth mit 77,888% und Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB mit 84,612 %) und zwei auf den Punkt gerittenen Grand Prix von Isabell Werth (Quantaz) und Matthias Alexander Rath (Thiago GS) sammelte das deutsche Team 239,674 Punkte.

Dalera auf dem Weg zu Personal Best! (Foto: ©Stefan Lafrentz)

Bundestrainerin Monica Theodorescu bringt es auf den Punkt: „Ich bin sehr glücklich wie unsere Pferde gegangen sind, wie unsere vier Reiterinnen und Reiter sich gezeigt haben, einer besser als der andere, zweimal personal best und dann auch noch in einer tollen Art und Weise. Von vorne bis hinten klasse – ich bin total happy damit.“

Es wurden im Grand Prix dieser Europameisterschaft nicht geizig mit Punkten umgegangen, stimmt. Die ersten sechs Paare im Einzelranking haben allesamt einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt, obwohl durchaus noch der ein oder andere kleinere Haker bei manchem Ritt drin war. Oder liegt es daran, dass das Niveau seit der vergangenen Europameisterschaft tatsächlich noch einmal sprunghaft angestiegen ist? 2021 hat das deutsche Quartett Gold gewonnen, hatte in der Summe aber weniger Punkte als heute auf dem Silberrang: 238,944. Auch damals hat Dalera mehr als 84 Prozentpunkte in den Mannschafts-Topf geworfen, Weihegold folgte mit 79,860 und Faustus (Dorothee Schneider) mit 74,985. Die Briten kamen mit 232,345 Punkten auf den Silberrang, in genau derselben personellen Besetzung wie in diesem Jahr, aber allesamt auf anderen Pferden.

Neidlos und mit treffenden Worten erkennt Cheftrainerin Theodorescu den diesjährigen Sieg der Briten an: „Anders machen sie, glaube ich, nichts, aber sie reiten einfach auch sehr gut und sehr korrekt. Alle sind perfekt in Sitz und Einwirkung, die Hilfengebung ist fast unsichtbar, die Pferde sind an feinsten Hilfen, auch wenn bei dem ein oder anderen Pferd nicht die allerletzte Qualität da ist, aber: gutes Reiten wird belohnt und das ist auch genau richtig so!“

Der Punktevergleich mit der EM 2019: Mit 244,969 Punkten stand Deutschland ganz oben dem Treppchen. Wow, das waren noch mal 2,749 Punkte mehr als die Briten heute. Damals in Rotterdam punkteten Showtime (Dorothee Schneider) und Bella Rose (Isabell Werth ) über 80 Prozent und auf dem Fuße folgte Cosmo (Sönke Rothenberger) mit 79,084. 2019 setzten sich die Briten noch podiumsfern auf Platz fünf – und zwar erneut genau mit derselben personellen Besetzung wie 2021 und 2023, drei von vier Pferden wiederum ganz andere.

Was sagen uns diese Gedanken: In vier Jahren kann viel passieren, in gut zehn Monaten auch – dann ist Olympia. Und: gutes Reiten kommt nie aus der Mode .

Angesprochen auf Paris wirft Theodorescu – mit einem Schmunzeln – eine logische Idee in den Raum: „Letztes Jahr waren wir Dritter, jetzt sind wir Zweiter… Wenn das die Chronologie sein soll, wäre das schön, aber wir haben noch sehr viel Arbeit vor uns, das ist ganz klar! Wir haben die Pferde, wir haben die Reiter, wir haben das Potenzial, wir haben auch noch ein paar jüngere Grand Prix-Pferde mit ganz viel Potenzial, Matthias hat noch einen, der mit ganz viel Qualität gesegnet ist, Isabell hat noch Pferde, die heranwachsen, auch Jessi hat tolle Nachwuchspferde, natürlich Fendi, der auch schon bewiesen hat, welche Qualität er hat – ich könnte noch ein paar aufzählen – und dann natürlich Katharina Hemmer, die dann als Reservistin nachgerückt ist – da ist ganz viel Potenzial. Und auch Bianca Nowag-Aulenbrock, unsere nächste Kaderreiterin möchte ich gerne erwähnen, die international schon sehr auf sich aufmerksam gemacht hat. Das macht einfach riesigen Spaß!“