„Ich bin eine bessere Zuhörerin“

Aktuell einzigartig in der Verknüpfung von Energie und Harmonie

Der Überblick:

Gold: Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera 85,593% (Foto: ©FEI/Leanjo de Koster)

Silber: Nanna Skodborg Merrald mit Zepter 82,796%

Bronze: Charlotte Dujardin mit Imhotep 82,583%

6. Platz: Isabell Werth mit Quantaz 78,252%

7. Platz: Frederic Wandres mit Bluetooth 77,052%

19. Platz: Matthias Rath mit Thiago 72,994%

Die Drei vom Podium: drei Damen, drei Nationen.

Gold mit personal best – ein grandioser Tag für Jessica von Bredow-Werndl und Dalera samt Team dahinter. 85,593 Prozent! Und das trotz kleinerer Haker wie das Nicht-ruhig-Stehen zu Beginn und ein Wechselfehler zu Beginn der Zweier. Es ist gut und richtig, dass super Ritte mit super Noten bedacht werden und auch zwei Fehler das Ergebnis nicht ‚zerstören‘ können. Viele sensationelle Momente haben diesen Ritt zu einem sehr speziellen Genuss gemacht, allem voran diese wunderbaren Übergänge in der Pi-Pa-Tour. Großartig – Plan Titelverteidigung mit Bravour erfüllt.

Hat das Paar in vergangenen Zeiten schon immer durch wunderbare Harmonie überzeugt, haben sie in Riesenbeck noch eine Schippe mehr Energie als sonst draufgelegt. Eine super Kombination. „Es ist alles nicht mehr anstrengend für sie, weil sie die körperliche Reife erreicht hat“, erklärte die Europameisterin. „Jetzt fängt es an, wirklich leicht zu werden. Wir kennen uns so gut und ich bin eine bessere Zuhörerin geworden, ich muss nur in sie hineinhorchen.“

78,252 Prozent für Isabell Werth und Quantaz und ganz große Komplimente der Reiterin an ihren Partner: „Der war so was von fokussiert bei mir und super durchlässig, das Pferd war fantastisch!“ Lächelnd fügte sie hinzu: Nach den Einern habe ich kurz aufgepasst, dass er nicht noch zwei hinterher macht. Er wollte gerne noch mehr machen, aber das konnte ich gerade noch verhindern“, erklärte Werth. „Da musste ich kurz lachen. Es war einfach super.“ Eine fehlerfreie richtig gute Runde und Platz sechs.

„Er zog hin als gäbe es kein morgen“, so formulierte es Frederic Wandres nach seinem Ritt. Soll heißen: vom Feinsten. „Das war alles sehr gut!“ Bluetooth, der kurz vor dem Start ein Eisen verloren hatte: Abreiten unterbrechen, Eisen wieder drauf, spätere Startzeit – das alles hat das Profipaar in keinster Weise durcheinander gebracht. Bluetooth wirkte sogar noch energischer als im Grand Prix, noch ausdrucksvoller und frischer. 77,052 Prozent, Platz sieben und viel Lust auf die Kür. Wandres hatte im Vorfeld bereits erklärt, dass er eine ganz neue Kür präsentieren wird. Musikthema: Earth, Wind and Fire.

Matthias Alexander Rath – es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Beiden die Erwartungen vieler übertroffen haben. Thiago war sehr konzentriert, hat sich im Special noch besser gezeigt als im Grand Prix und hatte dann leider auf der Schlusslinie einen kurzen Blackout, den vor Ort noch keiner wirklich erklären konnte. Fazit: Hut ab vor Reiter und Pferd, sie haben top abgerufen, was zu diesem Zeitpunkt möglich war. Am Ende wurden es 72,994 Prozent.

„Mit 80 Prozent ist man nicht mal mehr auf dem Treppchen, das sagt etwas aus!“, betont Equipechef Klaus Roeser. Stimmt. Das Niveau in Riesenbecks Viereck ist gewaltig.

Bei aller Begeisterung: Mit einem Richter sind ‚die Pferde‘ dann aber doch etwas durchgegangen. Er vergab eine 10 für den starken Schritt von Dalera. Auch wenn Jessica von Bredow-Werndl erklärte, sie habe viel an dem Schritt gearbeitet und er sei inzwischen eine ihrer Lieblingslektionen, die Verbesserung ist augenscheinlich, von einer 10 dennoch entfernt. Solche Übertreibungen von richterlicher Seite werfen Fragen auf, die man sich sparen könnte.

So sieht er aus: der Blick aus dem EM-Richterhäuschen bei C.

Eine kleine Korrektur am Rande: Das Goldergebnis von Riesenbeck sei das drittbeste weltweit, das je in einem Special erreicht worden sei – wurde während der Ehrung auf dem Platz verkündet. Das stimmt nicht ganz, einige Beispiele: 2019 hat Isabell Werth auf Bella Rose mit 86,520 Prozent gewonnen, 2015 sind Charlotte Dujardin und Valegro mit 87,577 Prozent zu Gold geritten und 2013 reichte dem Paar 85,699 zu Gold. Soweit nur die EM-Ergebnisse. Den Weltrekord hält nach wie vor Valegro mit 88,022 Prozent, aufgestellt in Hagen im April 2012, und Edward Gal und Totilas punkteten 2010 in Aachens Special auf 86,460 Prozent.

Es gab schon mehrere herausragende Paare in der Geschichte des Dressursports. Jessica von Bredow-Werndl und Dalera haben ihre herausragende Stellung nicht erst heute bewiesen, aber noch einmal herrlich untermauert. Diese Verknüpfung von Energie und Harmonie ist aktuell einzigartig!