Dorothee Schneider: “eine schwierige Entscheidung”

Es geht um eine ein-prozentige Chance, eine schwierige Entscheidung, um Paris und Siege mit Orthese und vor allen Dingen um Pferde.

Sieben Championatsteilnahmen, sechs Medaillen, mit vier verschiedenen Pferden: Dorothee Schneider gehört zu den erfolgreichsten Reitern – nicht nur Deutschlands, sondern der Welt.

Ein Blick auf Dorothee Schneider, ihre aktuelle Situation und ihre Pläne…

Drei auf einen Schlag

Im Moment ist es auf internationalem Parkett etwas ruhiger um die Reitmeisterin aus Framersheim geworden. „Natürlich war das für mich eine etwas schwierige Situation im vergangenen Jahr“, gibt Schneider zu. „Faustus habe ich in den Ruhestand verabschiedet, viele haben auch die sehr schöne Verabschiedung von Showtime in Frankfurt miterlebt und Sisters Act ist zu ihrer Besitzerin Elisabeth Max-Theurer zurückgegangene.“ Somit standen Dorothee Schneider auf einen Schlag drei Grand Prix-Pferde weniger zur Verfügung. „Ich bin nun dabei, gute und talentierte Pferde aufzubauen und Dayman hat im Moment die Nase vorne.“

Dayman – die Nase vorne

Ende 2022 hat Schneider den jetzt zwölfjährigen Daily Deal-Sohn übernommen und bereits internationale Siege in Neu-Anspach, Salzburg und Lier gefeiert. „Wir haben ein bisschen Zeit gebraucht, um zusammen zu finden, aber es wird immer besser. Die Feinabstimmung fällt uns immer leichter und alles wird losgelassener und selbstverständlicher.“ Der gesamte Ablauf, die Übergänge seien fließender geworden, nicht zuletzt, weil er immer mehr über die Oberlinie loslasse. „Die fliegenden Wechsel gehen jetzt auch immer öfter durch den Körper zwischen beiden Zügeln gerade nach vorne“, freut sich Dorothee Schneider. So sei Dayman, mit Bezug auf das Hineinwachsen in den internationalen Grand Prix-Sport, derjenige, der derzeit am weitesten sei.

First Romance – im Aufbau

‚Roman‘, First Romance, hatte sich im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften in Balve eine leider langwierigen Verletzung zugezogen und befindet sich derzeit wieder im Aufbau. „Wann genau er das erste Mal wieder an den Start gehen wird, ist noch offen. Den Zeitpunkt bestimmt Roman, er bekommt alle Zeit, die er braucht.“ First Romance hatte 2018 das Finale des Nürnberger Burg-Pokals gewonnen, war 2022 Dritter im Finale des Louisdor-Preises, kann mehrere internationale Siege auf Grand Prix-Niveau vorweisen und hat bereits zweimal die 80-Prozent geknackt.

Vainqueur und Dorothee Schneider
(Foto: ©Gesina Grömping/Equitaris)

Vainqueur – und eine schwierige, aber richtige Entscheidung

„Vainqueur ist ein ganz besonderes Pferd“, schwärmt Dorothee Schneider. „Wir machen gute Fortschritte, Piaffe und Passage werden meines Erachtens sehr gut und an den Wechseln feilen wir.“ Der imposante Fuchs ist schmal und groß gebaut, dadurch sei er etwas schlaksig. „Manchmal bewegt er sich in den Wechseln noch etwas zu groß und kommt ins leichte Schwanken. Es ist schon viel besser geworden, aber um ihm und mir keinen Druck zu machen, habe ich mich dazu entschlossen, ihn erst mal noch ein paar nationale Prüfungen zu reiten und nicht in den olympischen Sichtungsweg reinzubringen“, erklärt die Profiausbilderin.

Schneider schmunzelt und gesteht: „Ich hatte im Hinterkopf die winzige ein-prozentige Hoffnung, dass ich mit ihm noch in den Sichtungsweg Richtung Paris kommen könnte, aber das habe ich jetzt abgehakt. Das Pferd ist viel zu gut, um jetzt etwas mit Eile und Druck zu versuchen. Also habe ich aus uns beiden ‘den Stress’ rausgenommen. Das Pferd gibt das Tempo vor.“

Olympia, vor der Haustür in Paris, das Ziel aller Ziele – bereits ein halbes Jahr vorher zu entscheiden, diesen Traum nicht weiter zu verfolgen, ist keine leichte Entscheidung. „Paris wäre natürlich der Traum gewesen, deswegen fiel mir die Entscheidung nicht leicht. Aber alles andere würde keinen Sinn machen, weil Vainqueur mir das Gefühl gibt, dass er noch ein bisschen Zeit braucht und er entscheidet.“ Nachdem sie diese Entscheidung getroffen habe, sei es ein gutes Gefühl gewesen. „Es fällt etwas von einem ab, was man länger mit sich herumgetragen hat. Es ist ein gutes Gefühl – fürs Pferd und für mich selbst.“

Am vergangenen Wochenende war Schneider mit Vainqueur in Zweibrücken bei seinem dritten Grand Prix am Start und hat mit 73,7 Prozent gewonnen.

Estelle – doppelte Premiere

Mit der Escolar-Tochter Estelle hat Dorothee Schneider eine doppelte Premiere in Zweibrücken gefeiert. Es war der erste gemeinsame Start für das Paar und die erste Drei-Sterne-Prüfung, Inter II, für Estelle. Sieg mit 71 Prozent und schon jeder Menge Highlights in der Prüfung. Estelle war wie Vainqueur zuvor unter dem Sattel von Hubertus Schmidt, bevor der seine aktive Laufbahn beendet hat, und steht seit etwa einem halben Jahr auf dem Gestüt St. Stephan von Dorothee Schneider.

Championatskandidaten formen

Beim Anführen eines Hengstes ans Phantom hatte Dorothee Schneider vor einigen Tagen einen Unfall und hat sich einen Mittelhandknochen gebrochen, mit Handgelenksorthese sitzt sie trotzdem schon wieder täglich in mehreren Sätteln und war, wie beschrieben, in Zweibrücken hocherfolgreich.

Die leidenschaftliche Ausbilderin vom Reiten abzuhalten, ist kaum möglich. Und die nächsten Turniere sind schon geplant, um die nächsten möglichen Championatskandidaten zu formen und zu präsentieren.